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Wege zum besseren Arbeitgeber
Ein Spitzenplatz beim Swiss Arbeitgeber Award ist ausgezeichnet fürs Image und äusserst nützlich, um hoch qualifizierte und motivierte Mitarbeitende zu finden. Aber wie muss ein Betrieb sein und funktionieren, um sich auf Rang zwei hoch zu hieven, wie in unserem Beispiel die Stiftung Kartause Ittingen? Ein Augenschein vor Ort.

Wege zum besseren Arbeitgeber

Ich sitze am Rand des plätschernden Brunnens und lasse die klösterliche Stimmung auf mich einwirken. Neben mir kauern zwei Männer und kratzen Unkraut aus dem Kopfsteinpflaster, «Betreute», wie ich später erfahre. So hätte ich noch prima eine Weile warten können. Aber da sind schon der kaufmännische Leiter Peter Mötteli und Hoteldirektor Valentin Bot und begrüssen mich herzlich. «Ist es Ihnen recht, wenn wir zuerst über den Award und uns sprechen, dann zum Zmittag gehen und Sie am Nachmittag die Interviews mit den Mitarbeitenden machen? Dann haben wir vielleicht noch Zeit für einen Rundgang.» Ist mir sehr recht und so verbringe ich zuerst zwei spannende Stunden mit Mötteli.

«Seit 10 Jahren lassen wir unsere Mitarbeitenden regelmässig durch externe Unternehmen befragen. Die positiven Ergebnisse haben uns dazu ermutigt, an der Jahresendfeier 2013 ohne grosse Erwartungen die Frage in die Runde zu werfen, ob wir an diesem Award teilnehmen sollten. Zurück kam ein spontanes Ja – und wir meldeten uns an. Im Mai 2014 füllten die Mitarbeitenden die Fragebogen aus, entweder auf Papier oder online. Ende Juli erhielten wir die frohe Botschaft telefonisch, was uns doch etwas überraschte. Dass wir so gut sind...»

Wege zum besseren Arbeitgeber
Bewertungen, mit denen man etwas anfangen kann
Man darf stolz sein auf einen zweiten Rang in der Kategorie «Mittelgrosse Unternehmen mit 100–249 Mitarbeitenden». Aber wo punktete die Kartause am meisten? Ich konnte einen Blick in die detaillierte Auswertung der gesamthaft 55 Kriterien werfen. Bei der Aussage «Mit meiner Arbeitssituation bin ich alles in allem zufrieden» gaben 60% ihre volle Zustimmung und 39% ihre mittlere. Auf die Frage «Würden Sie Ihren Arbeitgeber Freunden oder Bekannten weiterempfehlen?» antworteten sogar 75% mit einem Ja und lediglich 25 mit einem Teils-Teils. Auch in den Benchmark-Vergleichen mit allen Award-Teilnehmern und denjenigen im Hotellerie- Bereich schwang die Kartause mit +7 bis +9 Punkten weit oben aus.

Interessant sind auch die Antworten auf die Aussage «Es müsste viel geschehen, damit ich dieses Unternehmen verlassen würde»: 64% volle und 27% mittlere Zustimmung, Benchmarks +11. Oder «Ich habe ein starkes Zugehörigkeitsgefühl zu diesem Unternehmen»: 68% volle und 29% mittlere Zustimmung, Benchmarks +8. Oder «In der Regel freue ich mich, zur Arbeit zu gehen»: 80% volle und 18% mittlere Zustimmung, Benchmarks +5 bis +7.

«Wir erwarten Spitzenleistungen»
Genug der Aufzählungen. An der freiwilligen und dem Arbeitgeber gegenüber total anonymisierten Umfrage nahmen 71% der Mitarbeitenden teil. «Da gabs Unterschiede zwischen den Bereichen. «Von der Lingerie machten alle mit, den tiefsten Rücklauf hatten wir in der Küche.»

Logischerweise sorgen besonders teamfähige Mitarbeitende mit hoher Sozialkompetenz für ein besseres Arbeitsklima und damit wiederum für mehr Zufriedenheit und Motivation. «Menschliche Kompetenz ist mit über 50% das wichtigste Auswahlkriterium. Dank unserer generellen Attraktivität als Arbeitgeber und jetzt auch dank des Awards müssen wir nicht die Erstbesten nehmen. Schon beim ersten Gespräch achten wir darauf, wie gut sich ein Kandidat verkauft. Verläuft das positiv, kommt der Kandidat zu einem Probetag, dann folgt das zweite, entscheidende Gespräch.»

Wer jetzt meint, bei einer Stiftung in klösterlicher Ambiance müsse man weniger Leistung als anderswo erbringen, der irrt. «Wir bringen den Mitarbeitenden gegenüber ganz klar zum Ausdruck, dass wir von ihnen nebst Teamfähigkeit auch Spitzenleistungen erwarten, eine sichtbar positive Lebenseinstellung, den Willen zum Erfolg. Unsere Stiftung ist nicht subventioniert. Sie muss Gewinn erwirtschaften, den wir zwar nicht ausschütten, aber mit dem wir unsere ehemalige Klosteranlage instand halten, nötige Investitionen finanzieren und somit sichere Arbeitsplätze anbieten.»

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Klösterliche Tradition, zeitgemäss umgesetzt
Besonders anspruchsvoll ist das Teamwork in der Kartause auch deshalb, weil sich hier die verschiedensten Gewerbe und Berufe treffen. Und das wiederum hat ganz tiefe Wurzeln. Wortwörtlich steht im Leitbild: «Wir gehen davon aus, dass die Kartause Ittingen einmal ein Kloster war, aber wir gestehen uns auch ein, dass sie kein Kloster mehr ist. Wir versuchen demzufolge wahrzunehmen, welche Kraft vom vergangenen geistlichen Leben Ittingens ausgeht, und wir bemühen uns in einer Zeit der Hektik und der Verhaftung im Materiellen, den Menschen, die uns besuchen, einige Werte der klösterlichen Tradition bewusst zu machen.»

Zu dieser klösterlichen Tradition gehören auch Werte wie Kultur, Spiritualität, Bildung, Fürsorge, Gastfreundschaft und Selbstversorgung. Daraus abgeleitet führt die Stiftung wesensnah und eigenwirtschaftlich je einen Gastwirtschafts-, Werk-, Guts-, Käserei- und Weinbaubetrieb sowie ein Heim für geistig oder psychisch beeinträchtigte Mitmenschen. «Hier bestehen wir darauf, dass unsere Mitarbeitenden Ja zum Gesamtbetrieb sagen und fördern dies auch, indem wir dafür besorgt sind, dass sie regelmässig mit allen anderen Betrieben in Kontakt stehen. Das merken auch unsere Gäste, zum Beispiel dann, wenn der Kellner erzählen kann, wie die oft eigenen Produkte erzeugt werden und die Rezeptionistin zum Beispiel weiss, wie das Heim mit seinen ‹Betreuten› funktioniert und was gerade in kultureller Hinsicht läuft.»

Und gilt das auch für das Kader? «Ja, klar, und mit Vergnügen. Wenn Sie zum richtigen Zeitpunkt hereinschauen, entdecken Sie mich vielleicht bei der Eintrittskontrolle von Konzerten oder Valentin Bot beim Servieren.»
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Dankbarkeit und Wertschätzung zeigen
Wichtige Standbeine für den harmonischen Betrieb sind die vielen Anlässe, welche die Mitarbeitenden zusammenbringen: Höhepunkt des Jahres ist die Jahresendfeier, die teilweise in der prächtigen Barockkirche (mit Erzählung einer Weihnachtsgeschichte) stattfindet. «Die ist bei Mitarbeitenden aller Religionen beliebt.» Dazu gehört auch ein gemütlicher Teil mit Darbietungen von Mitarbeitenden. «Und wie gross war unsere Überraschung, als die Lehrlinge einen selbst komponierten Rap aufführten. Dieser sensationelle Auftritt hat uns auf die Idee gebracht, daraus ein professionelles Musikvideo zu drehen. Am Lehrlingstag mussten zuerst ein Drehbuch geschrieben und die Songtexte eingeübt werden. Am Nachmittag gings ins Tonstudio, wo der ‹Kartüüser Rap› aufgenommen und erste Filmsequenzen eingespielt wurden. Ende Juli 2014 konnten dann die Filmaufnahmen realisiert werden – bei bestem Wetter und toller Stimmung. Sogar die Gäste im Gartenrestaurant waren von den Filmszenen begeistert.»

Weitere Anlässe dieser Art sind der Lehrlingstag, das Kaderseminar, der Kadertreff, der Mitarbeiter-Workshop, die Vorstellung eigener Produkte, Einführungstage für neue Mitarbeitende, die Lehrabschlussfeier zusammen mit der Geschäftsleitung, das Sommernachtsfest mit Angehörigen, der Berufswahlparcours für Schüler, der Zukunftstag mit den Kindern der Mitarbeitenden, Kurzeinführungen in Ausstellungen der beiden Museen sowie das (selbstverständlich freiwillige) Morgengebet in der Klosterkirche.

Der Kulturbotschafter als Vorbild, Sensor und Sprachrohr
Besonders erwähnenswert scheint mir der viermal jährlich durchgeführte «Runde Tisch», wo das Team zusammen mit dem Abteilungsleiter über seine Stärken und Schwächen spricht, was es motiviert und was es beschäftigt, wo man nach dem MUDA-Prinzip unnötigen Aufwand vermeiden und Abläufe optimieren könnte. – Kommt da Positives heraus? «Ja, sehr, spontan in den Sinn kommt mir die Anschaffung einer Geldzählmaschine, dank der wir viele Arbeitsstunden einsparen.»

Mit dabei am Runden Tisch ist auch der vom Team gewählte Kulturbotschafter. Seine Aufgabe besteht darin, das Team und seine Arbeit zu beobachten, «gutes» Verhalten und «schlechtes» zum Anlass zu nehmen, es mit Kolleginnen und Kollegen zu besprechen. Sie sind Vorbilder und motivieren andere, Vorbilder zu sein. Zudem sind sie das Sprachrohr des Runden Tisches, erarbeiten Vorschläge für Massnahmen und besprechen diese mit der Geschäftsleitung, die dann am Kadertreff wiederum über deren Umsetzung entscheidet.

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Hinweise für Verbesserungspotenzial
Natürlich ergeben sich aus den Umfragen auch Aufgaben, denn auch in der Kartause ist nicht alles perfekt. Nehmen wir Frage 55: «Fühlten Sie sich in den letzten 12 Monaten gestresst?» Da antworteten bloss 11% mit Nie, 70% mit Manchmal und satte 19% mit Häufig. «Diese Werte möchten wir natürlich verbessern, aber das ist nicht ganz einfach. Die Umfrage erfolgte im Mai und da läuft bei uns besonders viel. Das mag ein Grund sein. Anderseits sind unsere Benchmark-Werte weit besser als diejenigen in anderen Betrieben. Aber wir arbeiten daran und hoffen, dass wir beim nächsten Mal besser abschneiden.»

Auch bei der Entlöhnung ist es schwierig, es allen recht zu machen. Auf die Frage «Meine Leistung und mein persönliches Engagement werden in der Gesamtvergütung (inkl. Sozialleistungen) angemessen honoriert», gab es 43% volle Zustimmung, 44% mittlere Zustimmung und 13% geringe bis keine Zustimmung. «Unsere Saläre sind wegen der überdurchschnittlichen Sozialleistungen besonders attraktiv. So übernehmen wir den wesentlichen Prämienanteil der Unfall- und Krankenversicherung, bezahlen bis zu dreimal höhere Beiträge in die Pensionskasse und gewähren viele Einkaufsvergünstigungen. Zudem unterstützen wir unsere Mitarbeitenden gerne und grosszügig bei Weiterbildungen.

Wege zum besseren Arbeitgeber

Viel zu schnell verfliegt die Zeit, und so kommt der geplante Rundgang durch die Kartause zu kurz. Aber Mötteli findet die ideale Lösung: «Ich begleite Sie zum Postauto in Warth, bis dorthin ist es eine knappe Viertelstunde. Da können wir noch etwas plaudern und dieses und jenes entdecken.» So schlendern wir durch den herrlichen Rosengarten, dem Rebberg entlang mit Blick auf den Fischteich, unter der Dorfkirche hindurch, zu der es eine hübsche Geschichte zu erzählen gibt: «1461 übernahm der Kartäuserorden das Kloster und damit wurden namentlich die Warther Frauen von den Gottesdiensten ausgeschlossen. Noch im gleichen Jahr drangen sie in die Klosterkirche ein und erzwangen mit einem Sitzstreik eine eigene Kapelle, eben die dort oben auf dem Hügel.»

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Vieles spürt man einfach
Jetzt finde ich auch etwas Zeit, darüber nachzudenken, weshalb die Kartause Ittingen ein so beliebter Arbeitgeber ist. Sind es die rationalen Komponenten, die mir Mötteli am Vormittag vorgestellt hatte? Oder eher Emotionen, die bei den Gesprächen mit Mitarbeitenden zum Ausdruck kamen? Um es kurz zu sagen: Gelangt man von der betriebsamen, hektischen Aussenwelt an diesen bezaubernden Ort, beginnen Harmonie und Begeisterung zu wirken. Sind es die alten Mauern, die fast klösterliche Ruhe, das Gefühl, Teil einer Geschichte zu sein, die freundlichen Gesichter, auch diejenigen der «Betreuten», denen man auf Schritt und Tritt begegnet, das vage Gefühl, dass hier ein ganz eigener Geist seine Wirkung entfaltet?

Vieles richtig machen, die Mitarbeitenden fördern, Wertschätzung zeigen, die Kommunikation institutionalisieren: Das sind wichtige Faktoren, um einen Betrieb attraktiver zu machen. Aber für einen Spitzenplatz beim Swiss Arbeitgeber Award braucht es sicher mehr. Den Geist meine ich, der sich gerade in der Kartause besonders gut entfalten kann.

Mehr zum Thema:
www.gastrofacts.ch/arbeitgeber
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