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Lokale mit Leuchtkraft
Meist merkt man sofort, dass man sich in einem Restaurant wohlfühlt: Der Raum, die Bedienung, das Essen – alles erscheint im richtigen Licht. Das liegt tatsächlich oft an der Beleuchtung, wie der Streifzug durch Zürcher Lokale zeigt.

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Ein Artikel von Gabrielle Alioth

Das Restaurant Rosso neben der Hardbrücke hält seit Jahren mit beeindruckender Beharrlichkeit an seinem alternativen Image fest. Während sich das Quartier durch Büro-, Kultur- und Kultbauten verwandelte, hat das Lokal in der Fabrikhalle aus den 1930er-Jahren nichts von seinem improvisierten Charme preisgegeben. Hier wird bei Kerzenlicht an Holztischen Pizza gegessen, während auf den nahen Gleisen die Züge vorbeigleiten. Die hinter Lüftungsschächten versteckten Fluoreszenzröhren halten die alternde Decke in schonendem Zwielicht, ein paar Spots beleuchten wie zufällig eine fast weisse Wand. Die über der Theke und auf den Simsen verteilten Lampen aus Eisglas scheinen einem endlosen Schmelzungsprozess zu widerstehen. Der Drang zum Bewahren, so Lichtgestalter Christof Sigerist auf unserem Rundgang, hat etwas Museales, und in der urzeitlichen Schummrigkeit fühlt man sich geborgen. Schade nur, dass in den Eislampen Sparbirnen stecken, deren Lichtpunkt höher liegt. Sie verzerren das Objekt, und ihr diffuser Schein söselt die Umgebung ein.

Leidenschaft

Christof Sigerist hat schon Leuchten gebastelt, bevor er Industriedesign studierte. Aber so richtig gepackt hat ihn die Lichtleidenschaft erst in der Ausbildung: «Da ist ein Objekt, das eine gewisse Qualität haben muss, aber auch das Licht, das eine Qualität haben muss, und das Ganze steht in Zusammenhang mit einem Raum. So einfach ist es nicht, das schlüssig miteinander zu verbinden.» Als Abschlussarbeit hat er für die Architekten Gigon&Guyer Leuchten entworfen. Seither arbeitet und unterrichtet er in dem Bereich, der sich technologisch rasant verändert hat. «Als Kinder hatten wir Glühbirnen. Dann kam das Halogen, die Fluoreszenzlampen und mit LED nochmals eine neue Technologie. Es wird immer anspruchsvoller, eine gute Leuchte zu bauen.» Und neue Möglichkeiten schaffen neue Probleme: «Plant man zum Beispiel eine Lichtsteuerung ein, dann muss die auch jemand bedienen, und zwar gut bedienen, sonst funktioniert es nicht.»

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Ehrlichkeit

Das «Escherwyss» am gleichnamigen Platz dient mittags als Personalrestaurant, abends als Bar und nachts als Club. Diesen unterschiedlichen Nutzungen gerecht zu werden, war die Herausforderung, der sich Architekt Andrin Schweizer 2008 bei der Neu- gestaltung des Raumes stellte. Vorhanginstallationen und ein Arsenal von Scheinwerfern erlauben es, die Kantine mit Klinkerboden in eine Bühne für Konzerte, Bankette oder Firmenfeiern zu transformieren, und über dem Barbereich schwebt eine Wolke silbrig glänzender Kugeln.

«Wie für Büros, Flure und Toiletten gibt es auch für Küchen und Buffets Normen, damit die Leute, die dort arbeiten, nicht den Entkalker mit dem Zucker verwechseln», sagt Christof Sigerist. Im Restaurationsbereich selbst ist man ziemlich frei, wobei das Licht nicht so flach sein sollte, dass man das Essen nicht mehr sieht. «Ein Teller kann sauber sein, aber wenn er nicht glänzt, ist man nicht sicher, ob er es ist.» Die Silberkugeln, die wie Gedankenblasen über der Bar schweben, beleuchten Theke und Tische, spiegeln aber auch die Spots, die in der Decke eingelassen sind. Die damit erzeugte Festlichkeit mag schwülstig oder ironisch wirken, tut der Ehrlichkeit dieser «Mehrzweckhalle» jedoch keinen Abbruch.

Opulenz

Im «Azzurro» musste weder auf historische Strukturen noch auf Tageslicht Rücksicht genommen werden, denn das Restaurant ist in der Messe Zürich neben Halle 3. «So schwierig die Aufgabe war», erklärt Andrin Schweizer, «sie hatte auch einen Vorteil, denn die Lichtstimmung lässt sich ohne den Einfluss von Tageslicht viel exakter planen. Fast wie in einem Theater.» Tatsächlich haben die mit blauweissen Fliesen oder Fotos belegten Wände etwas Kulissenhaftes. «Sonnenstoren» aus Tauen formen die Decke, und in den Gestellen stehen Chiantiflaschen neben Einmachgläsern voll Teigwaren, Amaretti und Muscheln.

Oft wird laut Andrin Schweizer der Fehler gemacht, dass Räume zu gleichmässig und zu hell ausgeleuchtet werden. Hier schimmert ein Himmel oder das Meer durch die Haremsfenster an der Hinterwand. «Für das Raumlicht ist das nicht so wichtig», so Christof Sigerist, «aber es gibt eine Ahnung von Tiefe.» Die aus den Tauen hängenden Stofflampen sind von unterschiedlicher Stärke. In einem Teil des Restaurants sind sie so gross, dass man sich in Alices Wunderland glaubt. Ihr opales Licht wird durch gerichtete Strahler ergänzt, die durch die Taue die Gestelle anleuchten. Auf den Tischen allerdings ist das Licht etwas flau. Christof Sigerist: «Hier hat jemand gewirkt, den das Objekt der Lampe mehr interessiert als die Qualität des Lichtes. Aber es hat eine rechte Opulenz für ein Messerestaurant – und eine extreme Konsequenz.»

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Eleganz

Wer nicht durch drei Etagen PKZ-Damenmode schlendern will, kann im gläsernen Fahrstuhl zur Hiltl-Dachterrasse an der Bahnhofstrasse hinauffahren. Das 2015 eröffnete Café wird abends zum Club, und die Eleganz des Lichtkonzepts erfüllt die Erwartungen beider Publikumssegmente. Jörg Krewinkel von «Lichtkompetenz» erklärt: «Wir haben die vorhandenen Träger verwendet und ein multifunktionales Element entwickelt, eine Art linearen Kronleuchter.»

Unzählige Prismenstäbe zaubern eine Brillanz an die Decke, die sich im zerstossenen Eis der Salatbuffets genauso spiegelt wie in den paillettenbesetzten Jacken der Gäste. Wer etwas genauer hinschaut, sieht in den Trägern die «Glühbirnen» – mit LED-Fäden bestückte Retromodelle – und einzelne Strahler, die in den Raum und auf die Tische gerichtet sind. Das Deckenfunkeln, das sich über der inszenierten Wildnis der beiden Balkongärten fortsetzt, verbindet innen mit aussen. Dort spielen Wind und Sonne mit den Prismen und werfen Regenbogenschatten auf die Tische. Das beständige Flimmern kann natürlich auch etwas anstrengen, sodass die Gäste vielleicht nicht allzu lange hier verweilen. Aber gewiss bleibt ihnen ein Glitzern im Kopf.

Provokation

Im Restaurant Tschingg am Stauffacher kommt man effizient und rasch zu seinem Essen. Der überschaubare Raum neben der Selbstbedienungstheke, hinter der eine gut ausgeleuchtete Kochshow abläuft, verströmt mit seinen Marktstandauslagen und grellbunten Wänden aber auch einen gewinnenden Hauch von Dolcefarniente. Thomas Mika von «Reflexion»: «Wir haben, von italienischen Kronleuchtern inspiriert, nach einer neuen Form gesucht, die nicht einfach retro und anbiedernd ist.» So entstanden LED-erhellte Lüster aus Blättern. Die beiden grösseren hängen aus Vertiefungen in der Decke, die ihnen Raum und Bedeutung geben. «In der abendländischen Kultur», so Thomas Mika, «wird die Lichtquelle als Dekoration eingesetzt. Die Leuchte als Körper ist erwünscht und Teil der Dramaturgie eines Raumes.» Zusätzlich bescheinen einfache Kugelstrahler Wände, Tische und Teller. «Eine Provokation gegenüber den Kronleuchtern», meint Thomas Mika.

«Diese Wände», kommentiert Christof Sigerist, «brauchen ein Licht mit einem breiten Farbspektrum, sonst kommt ihre Buntheit nicht zum Tragen. Wenn in einem weissen Licht beispielsweise keine roten Wellenlängen vorkommen, können Gegenstände darin auch nicht als rot wahrgenommen werden. Die Kugelleuchter haben eine gute Lichtqualität, ziehen das Auge auf sich und wirken selbst wie kleine Augen.» Im Lebensmittelverkauf werden die Farbspektren der Beleuchtung längst gezielt eingesetzt. In der Bäckerei wird das Brot warm angestrahlt, die Patisserie kühler, damit sie nicht gelblich scheint. «Und beim Fleisch kann es nicht rot genug sein. Wobei es da auch Vorschriften gibt, sonst wird es irgendwann zur Täuschung.»

Mut

Ein Lichtkonzept, darin sind sich die Planer einig, ist erfolgreich, wenn die Leute sich in einem Raum wohlfühlen und es die Zeit überdauert. Beides trifft im Restaurant Volkshaus zu. Jörg Krewinkel von «Lichtkompetenz»: «Das kleine Budget und die offene Decke waren damals die Herausforderungen.» Dekorative Leuchten schaffen unterschiedliche Stimmungen in Bar und Restaurant, über der ganzen Halle aber zeichnen Neonröhren die Struktur der Abluftrohre nach. «Ein mutiger Entscheid», findet Christof Sigerist. «Die Installation ist nicht schön, wird jedoch herausgehoben. Man kann sich streiten, ob das gut ist, aber da hat jemand etwas überlegt, etwas gemacht und steht dazu. Vielleicht muss man als Lichtplaner auch einfach mal etwas ausprobieren.»
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