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Innovation aus dem Wallis
Im Wallis erbringt der Tourismus etwa einen Viertel der gesamten Wirtschaftsleistung. Das führt dazu, dass hier die am Tourismus Beteiligten besonders gut zusammenarbeiten, dass es ihnen gelingt, Gemeinsames zu schaffen, das weit über die Kantonsgrenzen ausstrahlt.

Wallis
In diesem Bericht geht es konkret um das Institut Tourismus in Siders (ITO), das in Lehre und Forschung gleichermassen hochstehende Leistungen erbringt. Wir sprachen mit Isabelle Frei, Project Manager ritzy* Weiterbildung und Dr. sci. nat. Roland Schegg, Dozent an der Hochschule für Wirtschaft & Tourismus der HES-SO Wallis sowie Forschungskoordinator am ITO.Jeder vierte Arbeitsplatz im Wallis hängt direkt oder indirekt vom Tourismus ab, schweizweit ist es bloss jeder zehnte. Aus einem Umsatz von über 5 Milliarden Franken entsteht eine Wertschöpfung von rund 3 Milliarden Franken, was einen Viertel des Bruttoinlandprodukts des Kantons ausmacht. Berggemeinden, die auf den Tourismus setzten, konnten die Abwanderung stoppen. Bagnes zum Beispiel zählte 1860 4327 Einwohner, 1950 nur noch 3609, 2004 wieder 6995. Behielten sie ihre ländliche Struktur, stagnierten sie demografisch. Zum Beispiel Blatten: 1860 waren es 272 Einwohner, 1950 dann 362 und 2004 nur noch 303. Das mag wohl ein wesentlicher Grund sein, weshalb hier Institutionen eng zusammenarbeiten, die auf nationaler Ebene das Heu nicht auf derselben Bühne haben. «Ich bin von der Kooperation und Dynamik hier im Wallis total begeistert», erklärt die aus dem Kanton Bern stammende Frei: «Die Leute reden miteinander, gehen zusammen wegweisende Projekte an. In unserem Weiterbildungsprogramm scharen sich der Walliser Hotelierverein, GastroValais und der Walliser Campingverband um ein gemeinsames Projekt, das den deutschsprachigen Oberwallisern ebenso gerecht wird wie den Romands im Unterwallis.»

Jährlich rund 50 Projekte für angewandte Forschung und Entwicklung
Aus dem Walliser Innovationsgeist heraus entstand 2010 das ITO durch die Aufgliederung des Instituts Wirtschaft und Tourismus (IWT) in zwei eigenständige Einheiten. Es ist eines der sechs Institute der Fachhochschule Westschweiz (HES-SO Wallis) und dient der Forschung und dem Wissenstransfer. «Hier arbeiten insgesamt 20 Dozenten, wissenschaftliche Mitarbeiter, Assistenten und administrative Mitarbeiter», erklärt Schegg: «Unseren Umsatz von durchschnittlich 1,5 Millionen Franken erbringen wir mit jährlich rund 50 Projekten für angewandte Forschung und Entwicklung.» «Die Leute reden miteinander, gehen zusammen wegweisende Projekte an.» Dann arbeitet das ITO wohl vor allem für den Kanton Wallis? «Überhaupt nicht», antwortet Schegg: «Wir haben Mandate und Forschungsprojekte auf kantonaler, nationaler und internationaler Ebene. Ich mache momentan eine Studie im Auftrag von hotelleriesuisse zu den Verkaufskanälen in der Schweizer Hotellerie. Meine Kollegen hatten Projekte in den Kantonen Waadt (Weintourismus) und Genf (Impaktstudie). Auf internationaler Ebene haben wir interregionale Projekte mit Italien (industrieller Tourismus) sowie Frankreich. In der Vergangenheit hatten wir auch Projekte mit Partnern aus Österreich und Deutschland und sind momentan mit einigen kleineren Projekten in Polen tätig. Das Wallis ist sicherlich ein wichtiges ‹Spielfeld›, wir sehen uns aber als nationalen Player.»

Engagement für den nachhaltigen Tourismus
Gemäss seiner Beschreibung ist das Institut auf Nachhaltigkeit bedacht. Wie muss man sich das vorstellen? «Nachhaltigkeit ist eine transversale Dimension, die wir, so weit als möglich, in alle Projekte einfliessen lassen», erklärt Schegg: «Beim Projekt ClimalpTour ging es zum Beispiel um die Anpassungsstrategien des alpinen Tourismus an den Klimawandel. Selbst leitete ich das Projekt für die Knowhow- Plattform www.hotelpower.ch. Sie dient der Förderung der Energieeffizienz in Hotellerie und Gastronomie und wird jetzt direkt von hotelleriesuisse betrieben.» Das Informatik-Tool Juste Neige gibt eine gute Idee darüber, wie man die Kunstschneeproduktion ökonomisch und ökologisch optimieren kann. In Zermatt zum Beispiel wendet man jährlich rund 4 Millionen Franken dafür auf und mit dem ständigen Ausbau der Beschneiungsanlagen wird die Umweltproblematik (hoher Energie- und Wasserverbrauch) in den Alpen immer bedeutender. Das ITO entwickelte das Tool für das Schneemanagement in Skigebieten. Juste Neige simuliert die Schneehöhe auf Skipisten gemäss der Erkenntnis, dass diese auch auf kurze Distanzen stark variieren kann. Daher sollte man deren Entwicklung genau kennen, um die Kunstschneeproduktion zu optimieren, das heisst: Nur dann und dort Schnee produzieren, wo es auch nötig ist. Zu diesem Zweck berücksichtigt das Tool Faktoren wie Topografie, Wetter/Klima, Einfluss der Pistenpräparierung, Schneeabtrag durch Schneesportler.

Nachfrage und Trends voraussehen Ganz konkret auf den einheimischen Tourismus ausgerichtet ist das Walliser Tourismusobservatorium (www.tourobs.ch). Es liefert aktuelle Daten über die Nachfrage im Tourismus und ermöglicht so ein Monitoring der touristischen Aktivität im Kanton. Das ITO entwickelte und veröffentlicht es im Auftrag des Kantons Wallis. Einerseits informiert es rasch und detailliert über die Ergebnisse der laufenden Saison oder vergangener Jahre, anderseits arbeitet es mit statistischen Prognosewerkzeugen für den Tourismus. Das Observatorium liefert auch praxisrelevante Informationen wie Markttrends, um die Leistungsträger in einem dynamischen und globalen Konkurrenzumfeld zu unterstützen und für die Herausforderungen der Zukunft fit zu machen. Auf welchen Erkenntnissen basieren denn die Analysen und Prognosen? «Wir benutzen Daten, die indirekterweise aus den Besucherzahlen einer touristischen Destination herrühren. Sobald sich die ‹menschliche Aktivität› in einer Destination erhöht, werden gewisse Signale ausgelöst. Das äussert sich beispielsweise in einer Erhöhung der Abfallmenge, Verkehrsintensität, der Kundenzahl im Detailhandel, eingeschalteten Mobiltelefonen oder Bancomat-Bezügen etc. Aufgrund erfolgreich verlaufener Evaluationen zeigt es sich, dass der oben beschriebene Ansatz erfolgreich umsetzbar ist. Für die Prognosen verbinden wir diese Erkenntnisse mit komplexen statistischen Methoden mit anderen indirekten Indikatoren und makroökonomischen Variablen, zum Beispiel die Wechselkursentwicklungen.»

Weintourismus-Projekt für die Kantone Tessin, Waadt und Wallis
Welche neuen Projekte gibt es dieses Jahr beim ITO? «Zum Beispiel ein Entscheidungs-Tool für die Zweitwohnungsproblematik, das die Raumplanung in Schweizer Alpenkurorten unterstützen soll. Dafür läuft eine Projekteingabe beim Schweizerischen Nationalfonds. Im Interesse Ihrer Leser ist bestimmt ein Weintourismus-Projekt für die Kantone Tessin, Waadt und Wallis.»

ritzy* Weiterbildung stösst auf schweizweites Interesse
Von stark steigender Bedeutung für das ITO ist die von Isabelle Frei geleitete ritzy* Weiterbildung: «Zuerst waren wir einfach einmal administrativ dem ITO angegliedert, aber mit den Jahren wuchsen wir mehr und mehr zusammen. Forscher vom ITO wie Roland Schegg arbeiten für uns als Dozenten und so fliesst hoch aktuelles Wissen aus der angewandten Forschung in unseren Unterricht ein.» Sind die Seminare von ritzy* vor allem für Teilnehmer aus dem Wallis bestimmt? «Zurzeit ist es vor allem so», antwortet Frei: «In grösseren Orten entlang der Rhone veranstalten wir die sogenannten zentralen Seminare, die wir zu festen Terminen ausschreiben. Das hat den Vorteil, dass die Teilnehmer auch einmal aus ihrem Betrieb herauskommen, neue Branchen- Gesichter kennenlernen und sich austauschen. Zweitens organisieren wir Spezialseminare ‹auf Anfrage› in einer Destination oder gar direkt in einem Hotel oder Restaurant. Voraussetzung dafür ist die minimale Beteiligung von sieben Personen und das Stellen des Kurslokals. Und drittens entwickeln wir auch Webinare. Bei allen drei Kategorien beteiligen sich vor allem Leute oder Organisationen aus dem Wallis, aber immer häufiger verzeichnen wir auch Teilnehmer und Interessenten aus anderen Kantonen.»

Weit und breit das grösste Weiterbildungsangebot
Zurzeit haben wir in der Schweiz ja die in sich widersprüchliche Situation, dass einerseits neue Bestimmungen im L-GAV den Anspruch auf Weiterbildung definieren. Anderseits fehlt vielerorts das entsprechende Weiterbildungsangebot, wahrscheinlich deshalb, weil es für die Branche schwierig ist, sowohl Zeit wie auch Geld in die Bildung zu investieren. Zudem stehen die Hauptbranchenverbände oft in Konkurrenz zueinander und der Dialog scheint an einer gewissen Intransparenz zu scheitern. Deshalb kommen auch mehr und mehr Auswärtige für ihre Weiterbildung ins Wallis. «So ist es», bestätigt Frei: «Wir wagen es, aus den altbewährten Leitplanken auszubrechen und haben deshalb weit und breit das grösste und interessanteste Angebot. Dank dem Walliser Finanzierungsmodell können Mitarbeiter in Walliser Beherbergungs- und Bewirtungsbetrieben kostenlos an unseren Seminaren teilnehmen. Damit haben wir eine komfortable Grundauslastung. Mit bescheidenen 350 Franken pro Tag für Auswärtige sind unsere Kurse auch für diese erschwinglich.» Aus der «Üsserschwiiz», wie die Walliser so schön sagen, kommen jetzt auch Anfragen für Spezialseminare – einerseits von Hotels und Tourismusdestinationen, anderseits von Verbänden und Fachschulen, die mit dem Knowhow von ritzy* ihr Angebot erweitern möchten. So stellt sich bald einmal die Frage: Wo steht ritzy* in fünf Jahren? «Ich sehe klar zwei Varianten», antwortet Frei: «Entweder sind wir dann ein im Wallis noch besser eingebundenes Weiterbildungsprojekt, das nicht nur funktioniert, sondern auch die anderen touristischen Anbieter mit Weiterbildungsangeboten verbindet. Oder dann sind wir sogar einen Schritt weiter, nämlich Weiterbildungspartner für die nationale, branchenspezifische Weiterbildungsszene.»

Ein Beispiel mit Ausstrahlung
Unsere beiden Interviewpartner strotzen geradezu vor Optimismus und Pioniergeist. Sie fühlen sich offensichtlich wohl in diesem Walliser Schmelztiegel. «Forschung und Lehre wachsen bei uns am ITO immer mehr zusammen», bestätigt Schegg: «Wir sind Brückenbauer. Laufend entwickeln sich neue Synergien, die sich positiv auf die Praxis in beiden Bereichen auswirken. In dieser Hinsicht sind wir auch ein Vorbild für die ganze Fachhochschule, die dank unserem Beispiel lernt, noch besser mit Mandaten umzugehen.»


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