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Heimlieferung aus der Heimküche
Ein Mahlzeitendienst bringt nicht nur älteren Menschen Vorteile, sondern auch den Betreibern von Heimküchen. In Amriswil (TG) funktioniert die Zusammenarbeit mit freiwilligen Fahrerinnen und Fahrern bestens.

Fahrerin Nicole Germann holt die Mahlzeiten im Alters- und Pflegezentrum ab und bringt die leeren Boxen zurück.


8 Uhr morgens an einem Donnerstag. Beim Alters- und Pflegezentrum Amriswil fährt Nicole Germann mit ihrem Privatauto rückwärts zu einer Seitentür, auf der «Ausgabe Mahlzeitendienst» steht. Hier holt sie 14 Mahlzeitenboxen aus einem Schrank, lädt sie in den Kofferraum und startet zu ihrer Liefertour als freiwillige Fahrerin. 

Die Boxen sind mit Namen und Adressen beschriftet, doch Nicole Germann kennt die Touren in- und auswendig. Schon seit sechs Jahren arbeitet sie ein- bis zweimal pro Woche für den Mahlzeitendienst. «Ich wollte meine Tätigkeit als Hausfrau mit einem sinnvollen, sozialen Engagement ergänzen», erzählt sie auf der Fahrt durch die Wohnquartiere. Seit Anfang Jahr macht sie auch die Zwei-Monats- Pläne für die 24 Fahrerinnen und Fahrer, die für den Gemeinnützigen Frauenverein Amriswil im Einsatz sind. Um gegen 40 Pensionierte je nach ihrem Wunsch zwei- bis siebenmal pro Woche zu beliefern, braucht es jeden Tag zwei bis drei Freiwillige.

Zeit für einen Schwatz

«Bei einigen dieser älteren Menschen sind wir Fahreinnen und Fahrer die einzigen Besucher», sagt Nicole Germann. Gerade auch deshalb ist für sie klar, dass sie nicht nur das Essen mitsamt der Zeitung aus dem Briefkasten bringt, sondern sich auch Zeit zum Reden nimmt. So auch bei Sigismund Ratzinger, bei dem sie gerade zweimal geklingelt hat – ihr Erkennungszeichen.

Nach einer freundlichen Begrüssung geht sie in die Küche des 82-Jährigen und stellt die Mahlzeitenbox auf die dazugehörende Induktions- Wärmeplatte. Sofort hebt Sigismund Ratzinger den Deckel der Box: «Ich schaue immer gleich, was es gibt.» Heute ist es Pouletgeschnetzeltes mit Currysauce, Kartoffelstock und Zuchetti. Daneben befindet sich in der Box ein Geschirr mit Suppe und eines mit Salat.

Das Mittagessen steht bereits auf dem gemieteten Wärmegerät- Bezüger Sigismund Ratzinger schaut, worauf er sich freuen darf

Beim Essen an die Fahrerin denken

Sigismund Ratzinger weiss, wie es läuft – schliesslich war er nach seiner Pensionierung als Monteur selbst Fahrer für den Mahlzeitendienst: «Um 11.15 Uhr schalte ich das Wärmegerät ein, nach etwas mehr als einer halben Stunde ist das Essen warm.» Vielleicht denkt auch er beim Essen an die Fahrerin, die ihm den Zmittag gebracht hat. «Manche haben mir gesagt, dass sie das tun», sagt Nicole Germann und strahlt übers ganze Gesicht. «Mit etwas Kleinem kann man ihnen grosse Freude bereiten und ihnen ermöglichen, noch zu Hause zu wohnen.»

Kaum Zusatzaufwand für die Küche

Gegen 10 Uhr bringt Nicole Germann das Geschirr und die Boxen vom Vortag zurück ins Alters- und Pflegezentrum (APZ) der Stadt Amriswil. Ihr Tagwerk für den Mahlzeitendienst ist getan, für das Küchenteam im Heim beginnt es erst richtig: Das Mittagsmenü, das die Köche heute auf den Etagen im Wohnbereich anrichten und das die À-la-carte-Gerichte im öffentlichen Restaurant ergänzt, wird am nächsten Tag mit dem Mahlzeitendienst verteilt. Deshalb laufe der Mahlzeitendienst «wie nebenbei», sagt Küchenchef Guido Weilenmann: Zusätzlich zu den 120 Mittagessen für die APZ-Bewohnerinnen und Bewohner und jenen für das öffentliche Restaurant werden noch rund 30 für den Mahlzeitendienst gekocht. «Das fällt bei der Produktion nicht ins Gewicht», so Guido Weilenmann. Der Aufwand für den Mahlzeitendienst beschränke sich damit auf das Portionieren.

Einen weiteren Vorteil des Mahlzeitendienstes sieht der Küchenchef darin, dass die Menüs am Nachmittag abgepackt werden können – in einer Zeit, in der sonst nicht viel läuft in der Küche. Dafür wird das Essen gleich nach dem Kochen schockgekühlt und dann eben kalt angerichtet. Heute ist es Schweinsvoressen an Pilzsauce mit Krawättli und Wirz, dazu gibt es wie immer Salat und Suppe. Das ist jedenfalls das Standardmenü, für Spezialwünsche ist aber durchaus Platz. 

Spezialwünsche sind möglich

«Unsere Bezüger haben eine sehr grosse Auswahl», so Küchenchef Weilenmann. «Sie können die Portionengrösse wählen und spezielle Suppen, andere Salate, Diätkost, Fingerfood oder püriertes Essen bestellen.» Dafür werde kein Aufpreis verlangt. Manchmal werde das Menü für den Mahlzeitendienst auch etwas angepasst – etwa, wenn im APZ Pommes frites serviert werden. «Frittiertes eignet sich gar nicht für das Aufwärmen in der Box», erklärt Guido Weilenmann. Auf die Konsistenz der Speisen müsse man achten und deshalb auch genug Sauce dazugeben, damit nichts einbrennt – im Übrigen gebe es kaum Einschränkungen beim Kochen für den Mahlzeitendienst.

Seit fast 50 Jahren
Der «Sonntagsblick» hat auch schon über Sigismund Ratzinger berichtet. Er ist der Coucousin des früherern Papstes Benedikt XVI
Den Mahlzeitendienst in Amriswil gibt es schon seit fast 50 Jahren. Als städtisches Alters- und Pflegezentrum setze man sich damit für das Allgemeinwohl ein, sagt APZ-Leiter Dominique Nobel: «Es ist uns ein Anliegen, dass die ältere Bevölkerung von Amriswil und Umgebung die Möglichkeit hat, einmal täglich eine gesunde und ausgewogene Mahlzeit zu sich zu nehmen, auch wenn das Selberkochen oder ein Restaurantbesuch nicht mehr möglich ist.»

Die Zusammenarbeit zwischen dem Alters- und Pflegeheim und den Freiwilligen des Gemeinnützigen Frauenvereins Amriswil funktioniert sehr gut, wie auf beiden Seiten zu hören ist. An gemeinsamen Sitzungen werden Erfahrungen und Neuerungen ausgetauscht, im Alltag sieht man sich höchstens per Zufall – in der «Ausgabe Mahlzeitendienst», wo das Küchenteam nun die adressierten Boxen bereitlegt, damit sie die freiwilligen Fahrer am nächsten Tag in ihr Auto laden und verteilen können.

Mahlzeitendienst Amriswil
Angebot und Preis

Küchenchef Guido WeilenmannDer Mahlzeitendienst Amriswil liefert älteren, kranken oder verunfallten Menschen auf Wunsch jeden Tag ein Mittagessen nach Hause. Die Mindestbestellung sind zwei Mahlzeiten pro Woche. Die Bezügerinnen und Bezüger bezahlen 11 Franken für die Mahlzeit, 1 Franken für die Lieferung sowie eine Monatspauschale von 10 Franken an die Amortisation des Geschirrs, der Boxen und des Wärmegeräts, das sie zuhause haben. Die Fahrerinnen und Fahrer liefern die Mahlzeiten mit ihrem privaten Auto aus und erhalten pro Einsatztag 12 Franken.


Ein Artikel von Tobias Fischer
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